Ferngläser werden zu allererst durch ein Zahlenpaar charakterisiert, zum Beispiel 8 × 30 oder 7 × 50. Die erste Zahl gibt die Vergrößerung an, die zweite die Öffnung in Millimetern. Für die Astronomie sollte die Öffnung möglichst groß sein und nicht unter 30 mm liegen – kleinere Geräte sind zu lichtschwach und fallen auch von der optischen Qualität her häufig eher in die Kategorie Spielzeug. Ab 30 mm Öffnung kann man schon einiges am Himmel sehen, und ein gutes Mittelmaß sind 50 mm – manches Kaufhausteleskop hat eine ähnliche Öffnung. Größere Geräte werden bereits recht schwer und unhandlich, sie sind vor allem für rein astronomische Zwecke sinnvoll. Da der Preis mit der Öffnung ebenfalls rasch ansteigt, sind sie eher für ambitionierte Beobachter geeignet. Übrigens entspricht der Lichtsammelgewinn zwischen bloßem Auge und einem Fernglas mit 50 mm Öffnung dem zwischen dem Fernglas und einem Teleskop mit rund 35 cm Öffnung – das gleich mehrere Tausend Euro kostet statt weniger als 200 Euro.
Die Vergrößerung beeinflusst neben dem Gesichtsfeld auch die Bildhelligkeit und die Handhabung. Bei niedriger Vergrößerung ist das Gesichtsfeld größer, und das Fernglas ist wunderbar geeignet, um Sternhaufen oder die Milchstraße zu beobachten. Mit steigender Vergrößerung werden mehr Details erkennbar, allerdings wird das Bild auch dunkler – was nicht unbedingt ein Nachteil sein muss: Gerade unter einem lichtverschmutzen Himmel hilft eine etwas höhere Vergrößerung, den Himmelshintergrund abzudunkeln und so den Kontrast zu verstärken. Die Hintergrundhelligkeit wird dabei nämlich auf eine größere Fläche im Auge verteilt, während die punktförmigen Sterne weiterhin nur als Punkte wahrgenommen werden.
Wer hauptsächlich in der Nähe von Ortschaften beobachtet, wird daher z. B. bei 50 mm Öffnung mit zehnfacher Vergrößerung mehr erkennen können als mit siebenfacher Vergrößerung. Geräte mit siebenfacher Vergrößerung sind vor allem für Sternhaufen und die Milchstraße ideal, ab zehnfacher Vergrößerung sind auch etwas lichtschwächere Deep-Sky-Objekte zu erkennen. Großferngläser ab etwa fünfzehnfacher Vergrößerung sind in Maßen bereits für die Beobachtung detailreicher und kleiner Objekte wie Mond und Planeten geeignet.
Als typisches „Allzweck-Fernglas“ kann das 7 × 50 gelten. Häufig ist ein 10 × 50 die bessere Wahl, da wir in Mitteleuropa nie die perfekte Dunkeladaption erreichen.
Eine wichtige Zahl, die sich leicht errechnen lässt, ist die Austrittspupille. Sie ergibt sich aus der Öffnung geteilt durch die Vergrößerung. Ein 7 × 50-Fernglas hat zum Beispiel eine Austrittspupille von 50 mm : 7 = 7,14 mm, bei einem 10 × 50 sinkt dieser Wert bereits auf 5 mm. Die Austrittspupille gibt an, wie groß das Lichtbündel ist, das das Okular verlässt. Es sollte nicht größer sein als die Öffnung ihrer Pupillen, aber auch nicht wesentlich kleiner. Als grober Richtwert wird meist eine maximale Pupillenöffnung von 7 mm für junge Menschen angegeben, bereits bei 30-jährigen sinkt sie auf 5 mm – allerdings sind das nur Durchschnittswerte. Bei 25-jährigen wurden zum Beispiel Öffnungen zwischen 4,5 und 8,5 mm gemessen, bei 55-jährigen 3 bis 6,5 mm. Die individuellen Werte sind ebenso von Übung und Training abhängig wie sie von Natur aus schwanken. Außerdem werden sie durch die Umgebungshelligkeit beeinflusst – wer an lichtverschmutzten, stadtnahen Plätzen beobachtet, wird nie mit maximaler Pupillenöffnung beobachten.
Als Hinweis auf die Leistungsfähigkeit wurde 1993 das Ergebnis der Multiplikation von Öffnung und Vergrößerung vorgeschlagen. Ein 8 × 30 hätte damit einen Wert von 240. Ein 7 × 50 hätte einen Wert von 350 und wäre etwas schlechter als das etwas kleinere 10 × 40 mit 400, und ein 10 × 50 würde stolze 500 liefern. Je höher der Wert, desto besser die Astrotauglichkeit. Zoom-Ferngläser sind im Prinzip eine feine Sache, bezahlen für die verschiedenen möglichen Vergrößerungen aber meist einen hohen Preis, da Bildqualität und Gesichtsfeld leiden – oder nur für sehr viel Geld akzeptabel bleiben.
Neben Öffnung und Vergrößerung sind die verwendeten Gläser und Prismen wichtig. Um Farbfehler auszugleichen, bestehen die Objektive moderner Ferngläser aus mehreren Linsen, dazu kommen noch die Prismen, die das Bild umkehren – bei einem astronomischen Teleskop ohne Prismen steht das Bild auf dem Kopf. Da es an jeder Glasoberfläche zu Reflexionen kommt, sinken dadurch Helligkeit und Kontrast. Um diese Reflexionen zu verringern, werden die Gläser vergütet. Bei billigen Geräten werden nur die Außenseiten vergütet, bei guten Ferngläsern ist jede Linse vollständig vergütet. Bei vagen Angaben wie „vergütete Optik“ ist daher Vorsicht geboten – das kann auch bedeuten, dass nur die Außenseiten von Objektiv und Okular vergütet sind. Dabei muss man dann den Herstellerangaben vertrauen – nicht nur in Kaufhäusern wissen die Verkäufer häufig auch nur das, was auf der Verpackung steht.
Die Farbe der Linsen gibt einen ersten Hinweis auf die Vergütung. Wenn Sie ein Fernglas schräg gegen das Licht halten, erscheint meist einen rötlichen oder grünlichen Schimmer. Ein gute Vergütung aus Magnesiumfluorid schimmert gleichmäßig purpurn. Wenn die Vergütung zu dick augetragen ist, wirkt sie grünlich, ein rosa Schimmern deutet auf eine zu dünne Vergütung hin.
Ein grünes Schimmern kann außerdem von sehr guten, mehrfach vergüteten Linsen stammen. Bei diesen Linsen wird der Lichtverlust von 1,5 Prozent auf unter 0,5 Prozent gesenkt. Leider können billige Geräte durch eine zu dicke Magnesiumfluoridvergütung wie mehrfachvergütete Linsen wirken. Sie liefern jedoch ein kontrastärmeres Bild als gute Ferngläser.
Die Prismen sind der wichtigste Unterschied zwischen einem Fernglas und einem Teleskop. Die ältere Bauform sind Porroprismen. Ferngläser mit Porroprismen sind etwas klobiger als Geräte mit den eleganteren Dachkantprismen, außerdem ist bei ihnen der Strahlengang zwischen Objektiv und Okular versetzt. Dachkantprismen ermöglichen eine gerade und damit kompaktere Bauform bei leichteren Geräten. Für den astronomischen Einsatz sind Porroprismen etwas interessanter, da sie nicht nur billiger sind, sondern auch hellere Bilder liefern.
Wenn Sie das Fernglas gegen eine helle Fläche (auf keinen Fall die Sonne!) halten, können Sie viel über die Glassorten erfahren, die für die Prismen verwendet wurden. Wenn die Austrittspupillen als klare, runde Kreise vor dunklem Hintergrund erscheinen, wurde höherwertiges BaK-4-Glas verwendet. Rautenförmige Verzerrungen am Rand, Reflexionen oder eine ungleichmäßige Ausleuchtung sind die Folge von billigerem BK-7-Glas.
Auflösung und Gesichtsfeld ergeben sich aus den verwendeten Linsen und lassen sich am einfachsten durch einen Versuch bestimmen. Wenn Sie die Abbildung unten aus zehn Metern Entfernung im Fernglas betrachten, werden Sie einige der Linienreihen trennen können, während andere zu einem Balken verschmelzen. Die Reihe, die Sie noch auflösen können, entspricht dem Auflösungsvermögen ihres Gerätes. Die Balken haben eine Länge von 0,5 Grad, was etwa dem Durchmesser von Sonne und Mond entspricht. Der Kreis über den Balken hat ebenfalls einen Durchmesser von 0,5 Grad. In ihn sind die Abstände einiger Doppelsterne eingezeichnet, was Ihnen aus zehn Meter Entfernung ein Gefühl für die Einheiten Bogenminuten und Bogensekunden geben soll.
Für die Bestimmung des Gesichtsfeldes bieten sich außerdem die Sterne des Sternbildes Großer Wagen an: Die oberen Kastensterne liegen etwa 10° auseinander, die unteren 7°. Die hinteren Kastensterne liegen rund 5° auseinander.
Die Mechanik eines Feldstechers sollte möglichst robust sein, und das Fernglas darf nicht dejustiert sein – wenn Sie Doppelbilder sehen, zeigen beide Tuben in unterschiedliche Richtungen. Eine leichte Verstellung kann vom Auge zwar einige Zeit lang ausgeglichen werden, führt aber rasch zu Kopfschmerzen. Wenn Sie ein weit entferntes Objekt abwechselnd mit einem und mit beiden Augen beobachten (decken Sie dazu das Objektiv mit der Hand ab) und dabei kurzfristig Doppelbilder oder ein Springen des Bildes zu beobachten sind, hat das Gerät zum Beispiel durch einen Sturz einen Schlag abbekommen und wurde dejustiert.
Bei den Gehäusen werden deutsche und amerikanische Gehäuse unterschieden. Bei deutschen Gehäusen befinden sich Objektive und Prismen in getrennten Bauteilen, während amerikanische Modelle aus einem Stück sind und daher etwas weniger anfällig gegenüber Schmutz und Stößen sind. Außerdem gibt es Ferngläser, die bequem über einen Mitteltrieb scharfgestellt werden können, während andere Modelle an jedem Okular einzeln fokussiert werden müssen.
Farbfehler und Randunschärfe lassen sich an weit entfernten scharfen Kanten (Antennen, Gebäudekanten- und Dächer) gut erkennen. Eine leichte Verzerrung am Bildrand kann noch toleriert werden, sollte aber nicht zu weit in das Gesichtsfeld hinein reichen.
Ein Fernglas sollte auf jeden Fall ein Fotogewinde besitzen, mit dem das Gerät über Kugelkopf oder L-Adapter auf eine Fotostativ befestigt werden kann. Nur, wenn es fest aufgestellt ist, hat man ruhiges Bild und kann die Leistungsfähigkeit der Optik voll ausreizen. Bis etwa siebenfacher Vergrößerung kann man ein Fernglas freihändig einigermaßen ruhig halten, spätestens bei mehr als zehnfacher Vergrößerung ist ein Stativ nötig.
Prinzipiell kann jedes Fotostativ auch für ein Fernglas benutzt werden, allerdings sollte es sich mindestens auf Kopfhöhe ausfahren lassen – die meiste Zeit werden Sie schließlich nach oben schauen. Holzstative dämpfen Schwingungen besser ab als Aluminiumstative. Die passenden Kugelköpfe sind ebenfalls im Fotohandel erhältlich.
Neben diesem einfachen Aufbau sind mittlerweile auch richtige Fernglasmontierungen erhältlich. Sehr praktisch ist eine Parallelogramm-Montierung, die so ähnlich funktioniert wie eine alte, höhenverstellbare Schreibtischlampe. Dabei ist das Fernglas an zwei parallelen Stangen höhenverstellbar, so dass man sich nicht nur direkt unter das Fernglas stellen kann (bei zenitnaher Beobachtung ist dann das Stativ nicht im Weg), sondern auch die Höhe verstellen kann, ohne ein Objekt aus dem Bildfeld zu verlieren. Letzteres ist vor allem dann hilfreich, wenn mehrere Personen durch das Gerät sehen sollen.
Bastler finden im Internet auch Anleitungen, um zum Beispiel einen Sky-Scanner zu bauen. Dabei blickt das Fernglas nach unten auf einen Spiegel, sodass man bequem von oben in das Fernglas blickt und einen steifen Nacken vermeidet. Allerdings ist das Suchen von Objekten dann nicht mehr ganz so einfach.
Weiteres Zubehör ist für Ferngläser kaum erhältlich und auch nicht notwendig. Lediglich ein paar Taukappen kann man sich noch basteln. Dabei handelt es sich um kleine Rohre, deren Länge etwa doppelt so groß sein sollte wie der Objektivdurchmesser. Sie werden auf das Fernglas gesteckt und schützen so die Linsen vor dem Beschlagen. Wenn es in der Nacht abkühlt, schlägt sich die Luftfeuchtigkeit ohne Taukappen nicht nur an der Außenhaut nieder, sondern auch auf den Objektiven, sodass man bald durch einen Wasserfilm hindurchschaut. Taukappen können leicht aus Rohren, Karton oder biegsamen Kunststoff selbst hergestellt werden. Um Reflexionen zu vermeiden, sollten sie innen mattschwarz lackiert sein.
Für die Sonnenbeobachtung können Sie sich leicht passende Filter bauen, die auf die Objektive gesteckt werden. Die Firma Baader Planetarium, Mammendorf, bietet eine Folie samt Bauanleitung günstig an, die Astrosolar-Folie. Von anderen Filtern (Rettungsfolie, verrußte Gläser, CDs…) oder gar von Okularfiltern (Dämpfgläser, Finsternisbrillen) ist dringend abzuraten, sie bieten keinen Schutz.
Sehr gute Geräte – die aber auch mehr kosten als ein vergleichbares Teleskop – bieten einen angenehmen Schrägeinblick und Wechselokulare für verschiedene Vergrößerungen, hier lassen sich auch Nebelfilter für die Beobachtung von Gasnebeln einschrauben.
In den letzten Jahren sind Ferngläser mit Bildfeldstabilisatoren auf den Markt gekommen, die zum Teil auch bei Sternen gute Ergebnisse liefern. Allerdings ist die Auflösung meist etwas schlechter als bei fest montierten Geräten – ein Stativadapter ist also auch hier noch sinnvoll. Vor allem bei russischen Modellen findet man Lösungen, die ohne Elektronik auskommen – allerdings muss man den Knopf, der die Stabilisierung einschaltet, zum Teil sehr fest drücken, was längere Beobachtungen erschwert. Andere Modelle werden elektronisch stabilisiert – solange die Batterien halten.
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