Großer Bär (Großer Wagen)

Als Großer Wagen werden genau genommen nur die sieben hellsten Sterne des viel größeren Sternbildes des Großen Bären bezeichnet. Die Sterne des Großen Wagens waren eventuell schon vor 15 000 Jahren zu einem Sternbild zusammengefasst – zumindest existieren Höhlenmalereien aus der letzten Eiszeit, in denen man das Sternbild erkennen könnte. Allerdings ist diese Interpretation der Zeichnungen nicht unumstritten. Fast jedes Volk hat seine eigene Deutung für diese auffällige Gruppe. Egal, ob Pflug, Casserole, Schöpfkelle, Leichenzug oder Hofbeamter samt Bittstellern – die Namen dieser Sterngruppe sind so vielfältig wie die Kulturen.

Während die Sterne eines Sternbildes normalerweise in keiner physikalischen Beziehung miteinander stehen, gehören die meisten Sterne des Wagens zu dem offenen Sternhaufen Collinder 285. Das Sternbild ist zur Orientierung am Himmel sehr hilfreich: Die hinteren Kastensterne zeigen auf den Polarstern, und der Schwung der Deichsel führt quer über den Frühlingshimmel über Arktur im Bootes zu Spica in der Jungfrau.

Mizar und Alkor werden in den Sternkatalogen unter anderem als ζ und 80 Ursae Majoris geführt und bilden den wohl bekanntesten optischen Doppelstern. Der mittlere Deichselstern des Großen Wagens sollte schon mit dem bloßen Auge zu trennen sein. In der persischen Armee wurde das 12 Bogenminuten voneinander getrennte Sternpaar daher auch für Sehtests verwendet. Der 78,2 Lichtjahre entfernte Mizar ist mit 2,2m der hellere Stern, der auch als „Reiterlein“ bekannte Alkor ist 4,0m hell und mit 81,2 Lichtjahren nur wenig weiter entfernt als Mizar. Mit drei Lichtjahren beträgt der Abstand der Sterne voneinander nur etwas weniger als die Distanz zwischen der Sonne und ihrem nächsten Nachbarstern α Centauri.

Mizar selbst ist außerdem ein physischer Doppelstern, dessen 3,9m heller Begleiter erstmals 1650 beobachtet wurde. Er steht 14,4 Bogensekunden neben Mizar, was 336 AE oder dem neunfachen Abstand zwischen Sonne und Pluto entspricht. Der Stern benötigt vermutlich 20 000 Jahre für einen Umlauf und war der erste in einem Teleskop entdeckte Doppelstern. 1889 wurde Mizar auch zum ersten spektroskopischen Doppelstern, der jemals entdeckt wurde. Alkor ist ebenfalls ein spektroskopischer Doppelstern.

1857 gehörte das System zu den ersten Sternen, die fotografiert wurden, und 1925 konnten bei Mizar zum ersten Mal die beiden Komponenten eines spektroskopischen Doppelsterns getrennt werden: Es handelt sich um zwei Sterne mit der 35-fachen Sonnenleuchtkraft, die nur 30 Millionen Kilometer voneinander entfernt sind und sich in 20,5 Tagen umkreisen. Die Beobachtung wurde mit dem 20-Fuß-Interferometer des Mount Wilson durchgeführt. Seitdem gab es bei diesem bekannten Sternpaar keine weiteren Premieren mehr.

M40 ist ein unscheinbarer Doppelstern, der nur in kleinen oder sehr schlechten Geräten als Nebel erscheinen könnte.
M40 ist ein unscheinbarer Doppelstern, der nur in kleinen oder sehr schlechten Geräten als Nebel erscheinen könnte.

Wieso M40 in Messiers Katalog von Nebelflecken auftaucht, wird wohl ewig ein Rätsel bleiben: Bereits mit siebenfacher Vergrößerung kann man diesen auch als Winnecki 4 bekannten Doppelstern trennen. Ein 9,3m heller Stern steht 50 Bogensekunden neben einem 9,0m hellen Hauptstern, das lichtschwache und unauffällige Sternpaar befindet sich 17 Bogenminuten nordöstlich eines 5,5m hellen Sterns. Allenfalls mit einem schlechten Opernglas wird man es vielleicht als den „Nebel über dem Rücken“ des Großen Bären sehen, den Johannes Hevelius 1660 beschrieb.

Das Galaxienpaar M81 und M82 steht im Zentrum einer kleineren Galaxiengruppe ähnlich unserer Lokalen Gruppe, zu der etwa ein Dutzend Galaxien gehört. Mit einer Entfernung von nur 10 Millionen Lichtjahren ist er der zweitnächste Galaxienhaufen, nur der Sculptor-Galaxienhaufen ist uns noch etwas näher. M81 ist heute 7,2 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt, während uns von M82 etwa 18 Millionen Lichtjahre trennen. Vor 200 Millionen Jahren begegneten die beiden Galaxien einander, was vor allem in der massereicheren M82 zu vermehrter Sternentstehung führte.
M81 gehört mit 7,0m zu den hellsten Spiralgalaxien und ist mit 10 × 18 Bogenminuten fast halb so groß wie der Mond. Im Fernglas erscheint sie kleiner, aber schon im 10 × 50 kann man den helleren Kern erkennen, der von dem schwächeren Halo der Spiralarme umgeben ist.

M82 liegt nördlich von M81. Bereits im 7 × 50 ist ihre unregelmäßige, zigarrenähnliche zu erkennen. Mit 8,4m ist sie die hellste irreguläre Galaxie. M82 wird von großen Staubwolken durchzogen, außerdem entstehen in ihr noch immer viele neue Sterne. Die 55 000 Lichtjahre große Galaxie ist eventuell eine Spiralgalaxie, auf die wir direkt von der Seite blicken.

Das Galaxienpaar wurde erstmals 1774 von Johann Elert Bode entdeckt und ist leicht zu finden, wenn man eine Linie von γ zu α Ursae Majoris zieht und diese einmal verlängert. Unter optimalen Bedingungen sollen sie sogar mit bloßem Auge sichtbar sein – das ist allerdings nur etwas für geübte Beobachter.

Durch einen Irrtum ist die Spiralgalaxie NGC 5457 zweimal im Messier-Katalog aufgeführt: Als M101 wurde sie im März 1781 entdeckt, wenig später wurde sie erneut als M102 aufgelistet. Mit 8,7m ist die 28 × 28 Bogenminuten große Galaxie das hellste Mitglied einer kleinen Galaxiengruppe, zumindest ihr sieben Bogenminuten großer Kern ist im 10 × 50 mit indirektem Sehen zu erkennen – kein leichtes Ziel. Durch die große Ausdehnung ist die 190 000 Lichtjahre große und 19 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie sehr lichtschwach. Sie liegt nordöstlich einer kleinen Kette aus Sternen vierter und fünfter Größe, 5,5 Grad östlich von Mizar und Alkor.

M 101 und M 102 sind höchstwahrscheinlich das selbe Objekt: Die Spiralgalaxie NGC 5457.
M 101 und M 102 sind höchstwahrscheinlich das selbe Objekt: Die Spiralgalaxie NGC 5457.

M108 ist zwar nur 10,1m hell, trotzdem kann man sie schon im 7 × 50 als sehr dünnen Strich ein Grad südsüdwestlich von β Ursae Majoris erkennen. Die 8 × 2 Bogenminuten große Spiralgalaxie zeigt auch auf Fotografien keine zentrale Verdickung, obwohl wir fast genau von der Seite auf das 23 Millionen Lichtjahre entfernte Sternsystem blicken. Wahrscheinlich verbergen Staubwolken das Zentrum. Sie leuchtet 1,7 mal heller als unsere Milchstraße.

Der 80 Lichtjahre entfernte offene Sternhaufen Collinder 285 enthält unter anderem alle Sterne des Großen Wagens mit Ausnahme von α und η. Insgesamt vierzehn seiner Sterne können mit bloßem Auge gut gesehen werden, darunter auch Gemma (α in der Nördlichen Krone) sowie einige Sterne im Drache und im Kleinen Löwe. Der Sternhaufen wurde über die gemeinsame Bewegungsrichtung der Sterne erkannt. Die 18 × 30 Lichtjahre große Gruppe bewegt sich mit 14 km/s in Richtung Schütze.
Collinder 285 befindet sich inmitten des Ursa-Major-Stroms, einer Gruppe aus über 100 Sternen, die sich gemeinsam durch die Galaxis bewegen. Neben Sirius gehören auch α im Schlangenträger, δ im Löwe und β im Fuhrmann zu dem Strom. Unsere Sonne befindet sich wie auch Collinder 285 etwa in seinem Zentrum, gehört aber nicht dazu. Ob eine Beziehung zwischen dem Ursa-Major-Strom und dem Sternhaufen besteht, ist noch nicht geklärt.

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